Kündigung durch den Insolvenzverwalter während der Elternzeit

Kann der Insolvenzverwalter eine Arbeitnehmerin in Elternzeit insolvenzbedingt vorzeitig kündigen, trotz ihm bekannter sozialversicherungsrechtlicher Nachteile für die Arbeitnehmerin?

Ja, sagt das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2014, Aktenzeichen 6 AZR 301/12. Der Insolvenzverwalter muss den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an den sich aus § 192 SGB V ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Folgen ausrichten.

Trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers besteht das Arbeitsverhältnis zunächst fort. Der Insolvenzverwalter kann das Arbeitsverhältnis jedoch unter Beachtung der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen kündigen. § 113 Satz 2 InsO sieht dafür eine Kündigungsfrist von höchstens drei Monaten vor, die allen längeren vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen vorgeht. Als Ausgleich für die vorzeitige Beendigung gewährt § 113 Satz 3 InsO einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch.

Die Klägerin war im Versandhandel als Einkäuferin beschäftigt. Über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin wurde am 01. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte gemäß § 113 Satz 2 InsO das Arbeitsverhältnis wegen Betriebsstilllegung zum 31. Mai 2010. Hätte er die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten, wäre das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2010 beendet worden.

Die Klägerin befand sich im Zeitpunkt der Kündigung in Elternzeit und sie verlor durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit, sich weiter beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenkasse zu versichern, was dem Insolvenzverwalter auch bekannt war. 

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 30. Juni 2010 beendet worden ist. Sie vertritt die Auffassung, dass der Insolvenzverwalter rechtswidrig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, die Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO abzukürzen. Sie habe unter Berücksichtigung der Wertentscheidung des Artikel 6 GG Anspruch auf Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist.

Nachdem bereits die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, hat auch die Revision der Klägerin keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht sieht in § 113 InsO eine in sich geschlossene Regelung, die im Einklang mit Artikel 6 GG steht und für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur einen Schadensersatzanspruch vorsieht.

 

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