Daily Archives: 22. September 2014
21 befristete Verträge in knapp 5 Jahren
Befristung eines Arbeitsvertrags trotz Vorliegens des Sachgrundes zur Vertretung rechtsmissbräuchlich?
Ja, sagt das Arbeitsgericht Berlin in seinem Urteil vom 19. Juni 2014, Aktenzeichen 58 Ca 1060/14.
Auch wenn der Sachgrund der Vertretung nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vorliegt, ist nach der Rechtsprechung (zuletzt BAG Urt. v. 13.02.2013 – 7 AZR 225/11) zu prüfen, ob die Befristung missbräuchlich ist. Diese Prüfung erfolgt nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs. Es sind alle Umstände des Einzelfalls und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Anzahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreift.
Der Kläger wendete sich mit seiner Befristungskontrollklage gegen die Befristung seines letzten Arbeitsvertrags für die Zeit vom 23.12.2013 bis zum 03.01.2014. Der Kläger war für die beklagte Rundfunkanstalt in knapp 5 Jahren auf der Grundlage von 21 befristeten Verträgen, davon neun Verträge für freie Mitarbeit im Projekt „Digitalisierung der Archive“ und zwölf Arbeitsverträge zur Abwesenheitsvertretung, beschäftigt. Es wurden die Vorgaben des § 14 Abs. 2 TzBfG (maximale 2 Jahre Beschäftigungsdauer und 3 Verlängerungsmöglichkeiten) um ein Vielfaches und damit gravierend überschritten. Das Arbeitsgericht Berlin sah durch die vielfache Überschreitung den Rechtsmissbrauch indiziert, den die Beklagte nicht durch den Vortrag besonderer Umstände entkräften konnte.
Allein im Jahr 2013 wurden mit dem Kläger neben dem Abschluss eines freien Mitarbeitervertrags für die Zeit vom 01. März bis zum 31. Dezember 2013 insgesamt elf für kurze Zeit befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Da das Digitalisierungsprojekt unstreitig noch mindestens bis 2018 fortdauert, bestand bei der Beklagten für den Kläger auch bei Abschluss des letzten streitgegenständlichen Arbeitsvertrags zur Vertretung eines urlaubsbedingt abwesenden Stammarbeitnehmers in der Zeit vom 23.12.2013 bis zum 03.01.2014 über diesen Zeitraum hinaus Beschäftigungsbedarf.
Der fortdauernde Beschäftigungsbedarf der Beklagten wurde nach Ansicht des Arbeitsgerichts Berlin durch die Nutzung des Sachgrundes zur Vertretung aus § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG zwecks Abschluss befristeter Verträge verdeckt. Damit seien die Voraussetzungen des institutionelle Rechtsmissbrauchs gegeben, was dazu führt, dass die Beklagte sich nicht auf den Befristungsgrund der Vertretung berufen kann und der Entfristungsklage stattzugeben war.